Umfassende Ausstellung zum Werk des Bildhauers August Gaul ab November
Das Liebieghaus widmet dem bedeutenden Bildhauer August Gaul (1869–1921) eine umfassende Ausstellung, die sein facettenreiches Werk präsentiert. Gaul gilt als einer der ersten modernen Bildhauer Deutschlands. Mit seinen eindringlich realistischen Tierdarstellungen eröffnete er um 1900 ein neues Kapitel der Skulpturgeschichte und wandte sich bewusst von der stärker dekorativen Bildhauerei des 19. Jahrhunderts ab. Seine Werke reichen von fein gearbeiteten Statuetten bis hin zu monumentalen Skulpturen im öffentlichen Raum. Statt Tiere als Symbole von Macht oder Herrschaft darzustellen, zeigt er sie als autonome Wesen, geprägt von sorgfältiger Naturbeobachtung und klarer, reduzierter Formensprache. Wie viele Bildhauer seiner Zeit interessierte ihn die Tatsächlichkeit. Gauls Arbeiten wirken allein durch ihre Präsenz, ohne zu symbolisieren.
Die Ausstellung lädt dazu ein, die besondere Eigenständigkeit der Skulptur an rund 100 Werken aus Bronze, Keramik und Marmor zu erleben. Dazu gehören zahlreiche Leihgaben aus Berlin, Hamburg, Hanau und Leipzig sowie die nahezu vollständige Frankfurter Privatsammlung von Carlo Giersch. Die Präsentation erstreckt sich über fast alle Bereiche des Liebieghauses und setzt Gauls Werk in einen vielschichtigen Dialog mit Tierdarstellungen aus drei Jahrtausenden – von der Tierverehrung im Alten Ägypten über Mischwesen der griechischen Mythologie bis hin zu Haustieren im alten Rom und christlicher Symbolik. Ein besonderer Höhepunkt ist der im Garten aufgestellte überlebensgroße Adler, den Gaul ursprünglich für das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal in Berlin geschaffen hat. Der Vogel erscheint nicht in der üblichen heroischen Pose, sondern im Landeanflug auf sein Nest. Damit verdeutlicht Gaul exemplarisch sein künstlerisches Programm: er zeigt die Tiere so, wie sie sind. Seine Kunst knüpft zugleich an zeitgenössische naturwissenschaftliche und tierpsychologische Forschungen an, etwa an die von Charles Darwin. Besonders eindrücklich wird dies in der Gegenüberstellung von Gauls Porträt des Orang-Utan „Jumbo“ mit einem antiken Bildnis des römischen Kaisers und Philosophen Marc Aurel.
Die Ausstellung macht deutlich, wie eng Kunst und Wissenschaft bei Gaul miteinander verbunden sind. Darüber hinaus greift sie auch gesellschaftlich relevante Themen wie Großwildjagd, Massentierhaltung und Artenschutz auf. Eine mediale Installation mit Tierdarstellungen aus sozialen Netzwerken bildet den Abschluss und eröffnet den Blick auf das heutige Verhältnis von Mensch und Tier.
Kurator: Prof. Dr. Vinzenz Brinkmann (Sammlungsleiter der Abteilung Antike und Asien, Liebieghaus Skulpturensammlung)
Projektleitung: Jakob Salzmann (Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung Antike und Asien, Liebieghaus Skulpturensammlung)
August Gaul (1869–1921), Zwei sitzende junge Bären, 1903/04
Zwei sitzende junge Bären, 1903/04
Bronze, 53 x 85 x 43 cm
Museum Großauheim
Porträt des Kaisers Marc Aurel, Römische Werkstatt nach 169 n. Chr.
Porträt des Kaisers Marc Aurel
Römische Werkstatt nach 169 n. Chr.
Marmor, Höhe 47 cm
Liebieghaus Skulpturensammlung, Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.
August Gaul (1869–1921), Stehende Löwin, 1899–1900
Stehende Löwin, 1899–1900
Bronze, 115 x 195 x 50 cm
Museum Großauheim