Burgund
um 1450
Kalkstein, geringe Reste alter Farbfassung
Höhe 112 cm
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Dieses Vesperbild vertritt eine Gruppe burgundischer Skulpturen in der Mittelaltersammlung des Liebieghauses. Es ist auf Untersicht und damit für eine erhöhte Position gearbeitet. Die partiell verwitterte Oberfläche deutet auf eine Aufstellung im Freien hin, möglicherweise in einer flachen Nische.
Derartige Andachtsbilder mit der sitzenden Maria, die den Leichnam ihres Sohnes Jesus Christus hält und seinen Tod beklagt, waren vor allem im 14. und frühen 15. Jahrhundert sehr beliebt. Die in tiefer mütterlicher Trauer dargestellte Maria war bestens dazu geeignet, emotional zu berühren und das Leiden Christi besonders intensiv nachvollziehbar und seine Erlösungstat subjektiv erfassbar zu machen. Der Stil der Figurengruppe weist nach Burgund. Er ist abhängig von Werken des Niederländers Claus Sluter (um 1350/60 – um 1405), der in Diensten des burgundischen Herzogs in Dijon stand.
In Paris mit den neuesten Kunstströmungen vertraut geworden, entwickelte er auf Basis des Motivrepertoires des Schönen Stils eine unverkennbar eigene und nachhaltig einflussreiche Formensprache und Ausdrucksweise: Monumentalität, schwere, aber dennoch differenzierte Formen, lederartig anmutende Stofflichkeit, eine manchmal fast aggressiv wirkende Naturbeobachtung bei der Charakterisierung seiner Figuren und eine ungemein feine und detailreiche Ausführung sind einige der Merkmale, die auch auf die Liebieghaus-Pietà zutreffen.
Deren stilistische Herkunft und damit ihre Datierung lassen sich präzisieren, ist sie doch eng verwandt mit der 1451 bis 1454 entstandenen Grablegung Christi im burgundischen Tonnerre von den Brüdern Jean Michel und George de la Sonnette. Das lässt auf eine Entstehung in deren Umkreis und um die Jahrhundertmitte schließen.