Thronende Muttergottes

Mittelrhein
um 1050

Apfelbaumholz, Reste der originalen Farbfassung
Höhe 54 cm

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Der aus der Epoche der Salier (1024–1125) erhaltene bewegliche Skulpturenbestand beschränkt sich weitgehend auf Kruzifixe und Bildwerke der thronenden Maria mit dem Christusknaben. Die um 1050 wahrscheinlich in Koblenz, Trier oder Köln entstandene Muttergottes des Liebieghauses zählt zu den frühesten und bedeutendsten Beispielen dieser Zeit. Sie soll aus dem Siechhaus in Kapellen-Stolzenfels bei Koblenz stammen. Doch gehörten derartige Skulpturen kaum zur generellen Ausstattung damaliger Gotteshäuser. Sie waren vielmehr bedeutenderen Stifts-, Kloster- oder Bischofskirchen vorbehalten, wo sie als besondere Kultbilder auf oder direkt bei Altären oder auch als Prozessionsfiguren fungierten.

Mittelalterliche Bildwerke sind voller Sinnbezüge. So handelt es sich bei der Frankfurter Skulptur nach damaligem Verständnis unter anderem um eine bildliche Vergegenwärtigung gleich zweier zentraler Glaubenslehrsätze der christlichen Kirche, nämlich dass Gott in der Gestalt Christi Mensch geworden ist und dass er durch Maria geboren wurde. Zu einer Zeit, als im Westen des Reiches immer wieder gerade die Gottesmutterschaft Mariens und damit auch die Autorität der Kirche angezweifelt wurden, war diese Form bildhafter Darstellung als Bekräftigung dieses zentralen Dogmas und des Machtanspruches der Kirche zu verstehen.

Vielleicht mag aus diesen Gründen auch zunehmend von der älteren Gepflogenheit Abstand genommen worden sein, Marienfiguren als einen mit Goldblech beschlagenen Holzkern zu gestalten, was den Bildwerken eine irreale, überirdische Wirkung verlieh. Mit ihrer Farbfassung, die zu den frühesten an Marienbildern gehört, vergegenwärtigte die Liebieghaus-Madonna die Menschwerdung Christi sehr viel eindrücklicher.