Figuren einer Beweinungsgruppe

Südliche Niederlande um 1500

Nussbaumholz, originale Farbfassung
Höhe 161–166 cm

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Die vier beeindruckenden Figuren waren Teil einer szenischen Darstellung der Beweinung des vom Kreuz abgenommenen toten Christus. Die Gruppe ist unvollständig, lässt sich aber rekonstruieren. Der biblischen Geschichte und der Bildtradition folgend ist links eine zweite männliche Figur zu ergänzen. Beide Männer, Josef von Arimathia und Nikodemus, hielten ein Leichentuch, in dem der tote Christus auf dem Boden lag. Dahinter stand sein Lieblingsjünger Johannes, der behutsam die Mutter Christi stützt, weil ihr vor Schwäche die Beine den Dienst versagen. Beilspuren im vorderen Gewandbereich bis in Kniehöhe weisen darauf hin, dass später Platz für einen Sarkophag geschaffen und aus der Beweinungs- eine Grablegungsgruppe wurde – möglicherweise um dort im Rahmen von Osterspielen eine Christusfigur niederzulegen. Von links tritt helfend eine weinende Frau heran. Wahrscheinlich besaß sie auf der anderen Seite der Maria-Johannes-Gruppe ein Pendant, und eventuell existierten auch noch weitere trauernde Personen.

Die Herkunft der Figuren ist unbekannt, doch sprechen stilistische Indizien für eine südniederländische Entstehung. Niederländische Skulpturen des 15. und 16. Jahrhunderts sind relativ selten, obwohl sie einst in stattlicher Zahl produziert wurden. Der Bildersturm von 1566 im Zuge der Auseinandersetzung der niederländischen Provinzen mit den spanischen Machthabern führte zu einem weitgehenden Verlust mittelalterlicher Kirchenausstattungen. Aufgrund der großen Exportproduktion vor allem in Brüssel, Antwerpen oder Mecheln haben sich jedoch glücklicherweise andernorts in Europa etliche Werke, vor allem Altäre niederländischer Herkunft erhalten. Einzelbildwerke, besonders im lebensgroßen Format der Liebieghaus-Beweinung, sind aber rar.