Das restaurierte Schächer-Fragment des
Meisters von Flémalle im Kontext
Die Liebieghaus Skulpturensammlung präsentierte eine Sonderausstellung, in deren Mittelpunkt ein Schlüsselwerk der europäischen Kunstgeschichte stand: das sogenannte Schächer-Fragment des Meisters von Flémalle, eines der rätselhaftesten Künstler der frühen niederländischen Malerei. Das beidseitig bemalte Fragment wurde ab Oktober 2014 im Städel Museum umfassend untersucht und restauriert. Es ist der einzige erhaltene Teil eines großformatigen Kreuzabnahme-Triptychons, das zu den bedeutendsten und einflussreichsten Werken der niederländischen Malerei vom Anfang des 15. Jahrhunderts zählt. Nachdem die restauratorischen Maßnahmen abgeschlossen waren, erstrahlte das kostbare Werk buchstäblich in neuem Glanz. Im Rahmen der Schau wurden zum einen das Vorgehen und die spektakulären Ergebnisse der technologischen Untersuchung und Restaurierung vorgestellt. Darüber hinaus wurden 13 ausgewählte Vergleichsstücke der Skulptur sowie der Tafelmalerei, Zeichnung und Buchmalerei gezeigt, die das Schächer-Fragment auf vielfältige Weise kontextualisieren.
„In neuem Glanz. Das restaurierte Schächer-Fragment des Meisters von Flémalle im Kontext“ führte erstmalig jene Werke zusammen, die als frühe Wiederholungen und Teilkopien von der Berühmtheit des Altarwerks zeugen und zugleich eine Rekonstruktion des verlorenen Gesamtensembles ermöglichen. Zu dieser Auswahl gehörten herausragende Leihgaben wie eine Gemäldekopie aus der Walker Art Gallery in Liverpool, je eine Zeichnung aus dem Fogg Art Museum in Cambridge (Mass., USA) und dem Fitzwilliam Museum in Cambridge (UK) sowie das Stundenbuch der Katharina van Lochorst aus dem Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster. Überdies wurde das Fragment im Zusammenhang mit niederländischen und deutschen Skulpturen der damaligen Zeit präsentiert, die im Liebieghaus mit dem sogenannten Rimini-Altar und Hans Multschers Trinität glanzvoll vertreten ist. Die beiden letztgenannten Arbeiten stehen derzeit ebenfalls im Mittelpunkt umfassender Restaurierungskampagnen, die den Besuchern des Liebieghauses durch spannende Einblicke anschaulich vermittelt wurden.
Ein herausragendes Ergebnis der Restaurierung dieses Fragments ist die Wiederherstellung der faszinierenden Illusion von Dreidimensionalität, ein Charakteristikum der Malerei des „Meisters von Flémalle“, das in der Ausstellung durch die dialogische Gegenüberstellung mit Meisterwerken der niederländischen und deutschen Skulptur umso deutlicher hervortrat. Das raffinierte Spiel des „Flémallers“ mit zeitgenössischen Seherwartungen wurde dadurch ebenso neu erfahrbar wie der Wettstreit zwischen Malerei und Skulptur im frühen 15. Jahrhundert.
Eine Kooperation des Städel Museums und der Liebieghaus Skulpturensammlung
Kurator Prof. Dr. Jochen Sander (Sammlungsleiter Deutsche, Holländische und Flämische Malerei vor 1800 im Städel Museum)
Gefördert durch Kulturfonds Frankfurt RheinMain
Das Restaurierungsprojekt zum Schächer-Fragment wurde gefördert durch Bank of America Merrill Lynch, Art Conservation Project