Mit der Wahl ihres Berufes folgten die Restauratoren des Liebieghauses Harald Theiss und Miguel González de Quevedo Ibáñez einer Art Bestimmung. Damit haben sie nicht nur der etwaigen Monotonie im Arbeitsalltag den Kampf erklärt, sondern sich mit ihren konservierungstechnischen Aufgaben und mit ihrer kunsttechnologischen Forschung auch der Wiederentdeckung verlorenen Wissens verschrieben.
Was hat Sie dazu bewegt, sich beruflich der Skulptur zu verschreiben?
In gewisser Weise war unser Weg wahrscheinlich vorbestimmt, denn unsere Heimatstädte Ulm und Sevilla waren in der Vergangenheit Zentren der Skulpturenherstellung. Die dort nicht zu übersehende Präsenz von mittelalterlicher oder barocker Skulptur im Stadtbild – beide Orte besitzen Kathedralen der Superlative – hat offenbar einen ziemlich starken Einfluss auf unseren eigenen Werdegang ausgeübt.
Wie sieht ein ganz normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
So etwas wie einen „ganz normalen Arbeitstag“ gibt es bei uns nicht. Jeder Tag ist anders, so wie auch jedes Objekt, mit dem wir zu tun haben. Zwischen Konservierungs- und Restaurierungsarbeit, Recherche neuer Arbeitstechniken, Ausstellungsvorbereitung und kunsttechnologischer Forschung hat Monotonie keine Chance. Das ist auch das Spannende an unserer Arbeit im Liebieghaus: Die Projekte sind äußerst vielfältig.
Was ist das Besondere an Ihrer Arbeit als Restauratoren im Liebieghaus?
Das Besondere an unserer Arbeit im Liebieghaus ist, dass uns hier Möglichkeiten geboten sind, die über gewöhnliche Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten hinausgehen. Dazu zählt beispielsweise die kunsttechnologische Erforschung alter Maltechniken und Malmaterialien. Diesen versuchen wir mittels praktischer Experimente und experimenteller Rekonstruktionen so genau wie möglich auf die Spur zu kommen. So können wir verloren gegangenes Wissen anhand dieser Techniken wiederentdecken und praktisch nachvollziehen, wie beispielsweise bestimmte alte Malmaterialien hergestellt und verarbeitet wurden. Ebenso versuchen wir in größeren Restaurierungsprojekten die Arbeitstechniken genau auf das Objekt zuzuschneiden und wenn notwendig zu verfeinern, um eine möglichst schonende Behandlung der Kunstwerke zu garantieren. Die Forschungs- und Arbeitsprozesse sind dabei meist sehr komplex und langwierig, aber gleichzeitig auch äußerst spannend.
Das Studium im Fach Restaurierung mit der Spezialisierung auf Skulptur führte Harald Theiss zunächst von seiner Heimatstadt Ulm nach Dresden und Wien. Auf seine an den Staatlichen Museen zu Berlin durchgeführte Diplomarbeit im Jahr 2000 folgten diverse Stationen als freiberuflicher Restaurator, unter anderem für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, das Bayrische und das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege sowie die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – Grünes Gewölbe. Harald Theiss war ferner als Projektangestellter am Niedersächsischen Landesmuseum Hannover und als Abteilungsleiter des Bereichs Skulpturenrestaurierung am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg tätig. Seit Herbst 2007 leitet er die Restaurierungswerkstatt der Liebieghaus Skulpturensammlung und ist damit für die konservatorische und restauratorische Betreuung des gesamten Sammlungsbestandes des Museums zuständig.
Dipl.-Rest. Miguel González de Quevedo Ibáñez schloss 2009 sein Studium im Fachbereich Restaurierung an der Universität Sevilla ab. Danach absolvierte er ein weiterführendes Studium im Bereich der Restaurierung von Keramikobjekten an der Escuela de Formación de Artesanos de Gelves. Ab 2010 war er in einem Restaurierungsprojekt der Stiftung Casa Ducal de Medinaceli in Sevilla tätig und wirkte 2012 an einem Restaurierungsprojekt von barocken Skulpturen am Laboratório de Figueiredo in Lissabon mit. Ab 2014 war er am Instituto Andaluz del Patrimonio Histórico in Sevilla beschäftigt. Seit 2016 ist er Mitarbeiter in der Liebieghaus Skulpturensammlung Frankfurt.